In einer kalten dunklen Dezember12. Monat des JahresnachtGegenteil von Tag des Jahres 1962 nahm das Unheil seinen Lauf - ich wurde aus exakt zwei Einzelteilen zusammengesetzt und begann zu existieren!
Die folgenden neun Monate verliefen recht ereignislos. Ich hatte es warm und relativ bequem und ließ mich die ganze Zeit von meiner Mutter tragen.
Am 28. September 1963 wurde mir dann doch etwas langweilig und ich wollte endlich raus. Leider gibt es von diesem historischen Ereignis nur eine Aufnahme, und ausgerechnet im entscheidenden Moment lief unsere Katze durchs Bild!
Als ich endlich draußen war, wollte ich wieder rein. Es war mir zu kalt, zu laut und zu hell. Aber es half alles nicht - ich mußte draußen bleiben. Irgendwann sah ich mich zum ersten mal im Spiegel. Dieser Augenblick hat mein Leben für immer verändert.
Dann kam ich in den Kindergarten. Da hat es mir sehr gut gefallen.
Nach dem Kindergarten begann der Horror, genannt Schule! Ich
wurde zusammen mit vielen anderen Kindern stundenweise in einen Raum
gesperrt und von Erwachsenen (Tarnname: Lehrer) Dauerverhören
unterzogen. Da kamen dann ohne Vorwarnung Fragen wie: Wieviel ist 2
plus 3? Wer hat die Glühbirne erfunden? Wie heisst die Hauptstadt
von Takatukaland? Welches Lied malte Albrecht Friedrich Goethe? Was
sind die vier Diphthonge? Stammen wir wirklich vom Affen ab? Schreibt
man "nämlich" mit "h"? Was passiert, wenn man Dimethylformamid und
Tetrahydrofuran mischt und nicht schnell genug wegrennt? Gibt es ein
Leben nach der Schule? u.s.w.
Zum Schlafen und am Wochenende durften wir zu unseren Eltern
zurück. Es gab auch längere Pausen, in denen sich die Lehrer
von den Strapazen der Befragungen erholen mussten. Sie nutzten diese
Pausen, um sich neue, noch kompliziertere Fragen auszudenken. Meistens
durften wir auch nicht schreiben was wir wollten, sondern der Lehrer
sagte uns das an oder schrieb es mit einem weißen Spezialstift
(ich glaube der war aus Gips oder Kokain) an eine Tafel. Manchmal
mussten wir uns aber auch Texte ausdenken und wehe dem, der das nicht
gut konnte! Ab und zu mussten wir sogar Uniform tragen; zuerst ein
weißes Hemd und blaues Halstuch (später rot) und nach ein
paar Jahren ein blaues Hemd. An meinen Dienstgrad kann ich mich nicht
mehr erinnern. Nach sage und schreibe erst 10 Jahren war es dann
endlich überstanden - dachten wir zumindest!
Nach der Schule begann der sogenannte "Ernst des Lebens". Anmerkung des Autors: Lieber Ernst, wenn du das hier liest: ICH MAG DICH NICHT! Kurz hatte ich die Hoffnung, die Schule endlich hinter mir zu haben - Pustekuchen! Jetzt ging der Stress erst richtig los. Ich wurde nach Cottbus entsandt und musste in einer Baracke
des Lehrlingswohnheimes der Berufsschule der Deutschen Post mein trauriges Dasein fristen. Ansonsten war fast alles so wie in den vergangenen zehn Jahren - nur schlimmer. Die Lehrer, die Fragen, das Essen, die Zimmer, der Alkohol, ... Mein einziger Trost bestand darin, dass ich bis auf einen Mitschüler nur Mitschülerinnen hatte; die meisten recht trinkfest.
Auf diesem Wege möchte ich mich bei den zwei die hinter mir saßen für's regelmäßige Vorsagen im Russischunterricht bedanken! Ohne euch hätte ich es nicht geschafft. Danke!
Fortsetzung folgt...